Der Begriff „Weltraumwetter“ beschreibt die veränderlichen Bedingungen im erdnahen Weltraum, die technische Systeme im Weltraum und auf der Erde beeinträchtigen können. Die Hauptursache von Störungen unseres Weltraumwetters sind energetische Ausbrüche von der Sonne. Das Observatorium Kanzelhöhe für Sonnen- und Umweltforschung der Universität Graz führt regelmäßige, hochqualitative Beobachtungen der Sonne durch.

Mittels automatisierter Bilderkennungsmethoden werden Strahlungsausbrüchen in Echtzeit in den Beobachtungsdaten detektiert und Warnmeldungen ausgesandt. Das Observatorium Kanzelhöhe ist die österreichische Vertretung im internationalen ISES Weltraumwetter-Netzwerk und die europäische Kernstation zur Sonnenbeobachtung im Rahmen des SSA Weltraumwetter-Programms der Europäischen Weltraumbehörde ESA.

Filamente bzw. Protuberanzen

Die Sonne ist derzeit mit vielen langestreckten dunklen Strukturen überzogen die man schön in H-alpha Aufnahmen beobachten kann (siehe Bild 1). Diese Gebiete werden als Filamente bezeichnet und sind kühler und dichter als ihre Umgebung, die heiße dünne Korona. Beobachtet man sie auf der Sonnenscheibe so werden sie als Filamente bezeichnet, am Sonnenrand heißen sie Protuberanzen sind jedoch dieselbe Erscheinung.  Filamente bzw. Protuberanzen haben typische Längen von 100 000 – 700 000 km und eine Dicke von  5 000 – 10 000 km und erstrecken sich in eine Höhe von bis zu ca. 100 000 km über der Sonnenoberfläche (Photosphäre).

Filamente befinden sich immer entlang einer magnetischen Inversionslinie, die Gebiete unterschiedlicher magnetischer Polarität trennt. Magnetfelder spielen generell eine Schlüsselrolle für das Vorhandensein von Filamenten. Da Filamente quasi in der Korona schweben und sie eine Dichte haben die hundertmal größer als ihre Umgebung ist, muss es eine Kraft geben die der Gravitation entgegen wirkt und das Filament im Gleichgewicht hält. Dazu ein kurzer Exkurs in die Magnetohydrodynamik (MHD):

Die Korona ist ein vollständiges ionisiertes Gas und dementsprechend ist ihre Leitfähigkeit enorm hoch. Das bedeutet, dass starke elektrische Ströme im Plasma fließen können und dass das Plasma und das Magnetfeld ineinander eingefroren sind. Wenn nun ein Filament durch die Schwerkraft nach unten gezogen wird, nimmt es das Magnetfeld mit, wodurch eine Einsenkung im Magnetfeld entsteht. Eine solche Einsenkung erzeugt eine Lorentzkraftkomponente die der Schwerkraft entgegengerichtet ist, und daher das Filament stabilisiert (siehe Bild 2).

Prinzipiell unterscheidet man zwischen zwei Arten von Filamenten, ruhige und eruptive. Ruhige Filamente können über mehrere Sonnenrotationen zu sehen sein. Eruptive jedoch können innerhalb von Minuten bis Stunden aufbrechen und von der Sonne mit mehreren 100 km/s weggeschleudert werden (siehe Bild 3), oft im Zusammenhang mit einem Flare und einem koronalen Massenauswurf.

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